Ayurveda bei chronischen Hauterkrankungen
Immer wieder fragen chronisch Hauterkrankte nach, ob sie mithilfe von Ayurveda ihre chronisch erkrankte Haut positiv beeinflussen können.
Der Begriff Ayurveda kommt aus dem Sanskrit (1) und bedeutet übersetzt Wissen(schaft) vom Leben. Dabei handelt es sich um eine jahrtausendealte Erfahrungsmedizin aus Indien, die damit nicht auf den evidenzbasierten (durch wissenschaftliche Studien bestätigten) Prinzipien der modernen Medizin aufbaut, sondern eben auf Erfahrungswissen. So geht es hierbei um die Behandlung von Menschen und um die Wiederherstellung und Erhaltung von deren Gesundheit - und nicht um die bloße Behandlung von Krankheiten per se.
Um Menschen ayurvedisch zu begleiten, gibt es unterschiedliche Professionen, als Arzt kann man im Ausland eine mehrjährige Ausbildung absolvieren. Zum Ayurvedischen Gesundheitsberater besucht man eine mehrtägige Weiterbildung, wobei der Fokus immer nur auf einen Teilbereich (zum Beispiel Ernährung) gelegt wird.
Der heutige Wunsch des Einzelnen nach ayurvedischer Behandlung ist groß, dahinter verbirgt sich das Bestreben, so individuell wie möglich begleitet werden zu können, und eben nicht „eine bloße Nummer“ im System der gesetzlichen Krankenkassenversorgung zu sein.
Letztlich sucht der Einzelne damit seinen Weg nach Rückbesinnung auf das Wesentliche in der hektischen und medialen Konsumgesellschaft von heute.
Die individuelle Suche nach Rückbesinnung von heute steht im Fokus.
Ayurveda verbindet Ernährung, Bewegung (Yoga), Körpertherapien (Güsse) und Achtsamkeit (Beten, Meditieren) zu einem ganzheitlichen Konzept. Jeder dieser Bausteine leistet seinen Beitrag in die Richtung eines persönlichen Gleichgewichts. Die Angebote zur Umsetzung dieser Bausteine sind vielfältig: So kann man ayurvedische Massagen in Anspruch nehmen, ayurvedische Kuren absolvieren oder Ayurveda Urlaube im In- und Ausland buchen.
Grundsätzlich geht die ayurvedische Lehre davon aus, dass alles aus reiner Energie besteht. Gerät diese durch verschiedene Faktoren aus dem Gleichgewicht, können Krankheiten entstehen. Demnach ist es dann die Aufgabe des Einzelnen, wieder zu seinem energetischen Ur-Typus zurückzufinden. Diese Typologie hat man aus der Beobachtung und Erfahrung heraus aufgestellt, indem man nach Gemeinsamkeiten der jeweiligen Typen suchte.
Alle Energie besteht aus Raum, Luft, Feuer, Erde und Wasser, und damit aus bekannten natürlichen Elementen. Je nach Zusammensetzung dieser Elemente ergeben sich so unterschiedliche körperliche Zustände, die sog. Doshas. Dabei werden zunächst die drei Reinformen, Vata, Pita und Kapha, unterschieden:
Vata (Kombination aus Raum und Luft) Typen sind sehr aktiv und kreativ. Ihre Erscheinung ist in der Regel ektomorph, d.h. schlank und grazil. Sie benötigen eine feste Struktur oder Ordnung, die sie erdet.
Pita (Feuer) Typen sind sehr emotionale und ehrgeizige Menschen. Ihre Erscheinung ist in der Regel mesomorph und damit athletisch. Damit diese hitzköpfigen Menschen nicht so leicht „durchbrennen“, benötigen sie etwas, das sie abkühlt, beispielsweise Meditation und Entspannung.
Kapha (Kombination aus Erde und Wasser) Typen sind gemütliche Menschen. Ihre Erscheinung ist in der Regel endomorph, d.h. stabil und kräftig. Sie benötigen ein Ziel, das sie an- und vorantreibt.
Neben den drei Reinformen, von denen es nur sehr wenige Menschen gibt, ergeben sich vier weitere Formen, jeweils aus der Kombination von zwei oder drei Elementen. Kein Typus ist dabei einem der anderen überlegen.
Man geht weiter davon aus, dass bei der Geburt die individuelle Konstitution (Prakriti) festgelegt wird, das heißt das persönliche Gleichgewicht der drei Doshas, bei dem der Mensch sich im ursprünglichen Gleichgewicht befindet und somit gesund ist. Im Laufe des Lebens kann es durch schlechte Angewohnheiten, falsche Ernährung etc. zu einem Ungleichgewicht (Vikriti) kommen, aus dem heraus Krankheiten entstehen können.
Der Weg aus dem Ungleichgewicht (Überschuss) zum ursprünglichen Gleichgewicht ist das Ziel.
Anhand von körperlichen Merkmalen als auch gezielten Fragestellungen ordnen ayurvedische Gesundheitsberater dann ihre Klienten zu den verschiedenen Typen zu. Dabei spielen auch die Gunas eine Rolle, die vorherrschenden psychischen Elemente, namens Sattva, Rayas und Tamas:
Sattva ist ein Gemütszustand von Klarheit, Bewusstsein und Freude. Ist der Gemütszustand sattvig, fühlt man sich leicht, froh und gelassen.
Rayas ist ein Gemütszustand des Ehrgeizes, des Wünschens und Begehrens. Befindet man sich in einem rayasigen Zustand, ist man verärgert, unruhig oder gestresst.
Tamas ist ein Gemütszustand der Schwere, Schläfrigkeit und Faulheit. Befindet man sich in einem tamasigen Zustand, ist man traurig, depressiv oder schläfrig.
So kann es bei Vata Typen zu rissiger Haut, Verstopfung, Blähungen, Schlaflosigkeit und Angstzuständen bei länger anhaltendem Vata-Überschuss kommen. Kalte Speisen und zu viel Rohkost sollten dann gemieden und stattdessen warme Speisen verzehrt werden.
Bei Pita Typen kann es bei länger andauerndem Pitta-Überschuss zu Entzündungen, Fieber oder Hyperhidrose (krankhaftes Schwitzen. AnmdRed) kommen. Eine zu warme Umgebung sowie heiße und scharfe Speisen sollten in diesem Zustand gemieden und stattdessen kühle, weniger scharfe Speisen gegessen und viel Wasser getrunken werden.
Kapha-Typen neigen bei anhaltendem Kapha-Überschuss zu Erkältungen und Verschleimung und sollten demnach kalte Speisen sowie zu viel Süßes vermeiden und stattdessen Wärmendes zu sich nehmen und ihre Aktivität steigern.
Anhand dieser Einordnungen wird deutlich, dass die Konstitutionstypen zentrale Bausteine in der ayurvedischen Einordnung darstellen und die Gunas ergänzend weitere Informationen diesbezüglich liefern. Weiter beeinflussen der geographische Standort, das Alter, Jahres- und Tageszeiten diese Einordnungen. Zu Beginn des Lebens (0-30 Jahre) befindet sich der Mensch in der aufbauenden Phase. Hier überwiegt Kapha. Im Erwachsenenalter (30-60 Jahre) sind wir am aktivsten. Hier wirkt Pitta am stärksten. Im Alter (60+ Jahre) überwiegen dann die Abbauprozesse, eine typische Vata-Eigenschaft. Warmes Wetter begünstigt Pitta, kaltes windiges Wetter Vata und sehr nasses Wetter Kapha. Es gilt also, auch bei den Jahreszeiten auf den individuellen Kostitutionstypen zu achten. Von März bis Juni überwiegt Kapha. Von Juni bis Oktober Pitta und von Oktober bis März Vata.
Der Spruch, „Nach dem Essen sollst du ruhen oder tausend Schritte tun.“, ist ein perfektes Beispiel der ayurvedischen Lehre. Gehört man eher zum Kapha-Typen, sollte man sich nach dem Essen einen kleinen Verdauungsspaziergang gönnen, um das gegenteilige Element Vata zu stärken. Gehört man eher zum Vata-Typen, ist Hinlegen und Ausruhen die günstigere Alternative, da dies das entgegengesetzte Element Kapha stärkt. Damit beugt man einem ungünstigen Überschuss des vorherrschenden Elementes vor.
Geht es um individuelle Ernährungsempfehlungen, geht es primär nicht nur um den zugeordneten Dosha Typ und das vorherrschende Guna. Vielmehr ist es wesentlich, wie die Lebensmittel individuell auf den Körper wirken und vertragen werden. Das, was dem Menschen gut tut und bekommt, kann dieser auf achtsame Weise erspüren. Dabei wird es für wesentlich angesehen, dem Körper die Chance zu geben, das Essen zu vertragen. Dies bedeutet, langsam und achtsam zu essen, jenseits medialer Ablenkung und nicht nach Gewohnheit, sondern nach Appetit, was in der Regel Pausen von drei und sechs Stunden zwischen den Mahlzeiten beinhaltet. Auch hier geht man davon aus, dass der Körper weiß, was und wann er etwas verträgt. Um Überschuss entgegen zu wirken, wird empfohlen, sich nicht voll zu essen, abends leichter zu essen sowie warmes Wasser oder Kräutertee zum Essen zu trinken.
Ayurveda stellt keine, im westlichen Sinne, anerkannte Wissenschaft dar, streng genommen kann sich jeder ayurvedisch ernähren, der im Sitzen langsam, bewusst und regelmäßig isst und darauf achtet, was seinem Körper wirklich bekommt. Geschmack und Verträglichkeit der Lebensmittel stehen dabei im Vordergrund. Auf diese Weise wirken individuell verträgliche Lebensmittel ausgleichend, je nachdem, welcher der sieben Konstitutionstypen vorliegt. Schokolade, Kaffee und Alkohol stellen dabei keine ayurvedischen Lebensmittel dar.
Hinzu kommen die Rasas, damit werden sechs mögliche Geschmacksrichtungen beschrieben, süß und salzig, bitter und sauer, scharf und herb. Diese werden ebenfalls den sieben Konstitutionstypen zugeordnet. Die individuellen Vorlieben ermöglichen es einem, sich sehr gut in den Einordnungstabellen wiederzuerkennen.
Für Rosazea-Betroffene ergeben sich gemäß ayurvedischer Erkenntnis folgende Hinweise: Da entzündliche Prozesse im Vordergrund stehen, sollte alles vermieden werden, was Entzündungen fördert: zu heiße und säurehaltige Getränke, Kaffee, Alkohol sowie scharfe Gewürze. Essen sollte regelmäßig, konstant, ruhig und bewusst geschehen. Über den jeweiligen Konstitutionstypen kann man weiter zum eigenen Gleichgewicht beitragen, indem man über eine gesunde Lebensweise Überschüsse abbaut. Alter, Jahres- und Tageszeit sowie geographische Witterungsbedingungen beeinflussen die Gleichgewichtswiederherstellung mit.
(1) Sanskrit oder auf Sanskrit gesagt, "Sanskrita“ heißt eigentlich wörtlich "gebildet“, "fein“
und "verfeinert“. Sanskrit ist natürlich die heilige Sprache, es ist die Sprache der Veden, es ist die Sprache des Yoga, die Sprache der heiligen indischen Schriften.
Sanskrit ist eine der ältesten Sprachen der Welt, vermutlich die älteste Sprache, die heute noch gesprochen wird, mindestens 3.500 Jahre alt, wie es die Indologen sagen. Die Inder behaupten, dass Sanskrit 7.000 Jahre alt oder noch älter sei, manche sagen sogar, dass vor der Schöpfung des Universums als erstes Sanskrit geschaffen wurde. Denn im Sanskrit, in den Silben des Sanskrit-Alphabets, sind die Urklänge enthalten und aus den Klängen ist das Universum entstanden und das ganze Universum ist letztlich eine Form von Sanskrit.
(Quelle: https://wiki.yoga-vidya.de/Sanskrit - Niederschrift eines Vortragsvideos (2015) von Sukadev über Sanskrit)
von
Dipl.-Psych. Sonja Dargatz, Hamburg, in Kooperation mit dem ayurvedischem Gesundheitsberater Marcus Weeber, Westerland / Sylt
Quelle:
ROSAZEA journal 20.1 Mitgliedermagazin der Deutschen Rosazea Hilfe e.V.